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Die Stadt Burghausen besitzt durch ihre besondere Lage an der Salzach eine sehr eigenständige landschaftliche Prägung. Hoch über dem Fluss erhebt sich die historische Burganlage, das wichtigste Verbindungsglied zwischen Alt- und Neustadt als zwei sehr unterschiedlich strukturierte Stadtteile. Die lange Tradition als Salzumschlagplatz, später als Standort der chemischen Industrie, spiegeln sich einerseits in einer reichhaltigen historischen Bausubstanz, andererseits in einer dynamischen, zeitgenössisch orientierten Stadtentwicklung wider.
Als Hauptbereich der Landesgartenschau 2004 entstand in der Burghausener Neustadt ein urbaner Park. Drei unterschiedliche Kanten begrenzen eine weite Wiesenfläche und markieren die Parkränder. Unterschiedliche Raumeindrücke und Nutzungsschwerpunkte kennzeichnen diese Zonen.
In landschaftlich exponierter Lage - zwischen einem Altarm der Salzach und der Altstadt - liegt der zweite Schwerpunkt des dezentralen Ausstellungskonzepts: die längste Burg Europas. Sie bildet das Ende und den Höhepunkt einer städtebaulichen Achse. Zur Landesgartenschau wurden die Freiflächen in den sechs Burghöfen umfassend saniert und teilweise ergänzt. Auf historisch belegten Standorten wurden Gartenbereiche rekonstruiert oder mit Mitteln der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur neu interpretiert.
BAYERISCHE LANDESGARTENSCHAU BURGHAUSEN 2004
Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, mit einem dezentralen Gartenschaukonzept auch langfristig ein übergreifendes städtisches Freiraumsystem zu entwickeln. Altstadt, Neustadt und historische Burganlage wurden mit eigenen thematischen Schwerpunkten definiert sowie funktional miteinander vernetzt.
Bereits der Planungswettbewerb orientierte daher auf eine vor allem gesamtstädtische Betrachtung, trotz der im nachfolgenden Arbeitsprozess notwendigen Schwerpunktverlagerungen konnte das Ergebnis in wesentlichen Teilen umgesetzt werden. So zeigen sich heute die Bereiche der Gartenschau als integrierte Bestandteile des städtischen Gefüges, als selbstverständliche Orte der Alltagsnutzung.
Stadtpark und Burg sind dabei die zwei Teile des Kerngeländes, zur Zeit der Gartenschau jeweils eintrittspflichtige Bereiche. Darüber hinaus sind eine Reihe weiterer Anlagen in das Konzept integriert.
Mit der Gartenschau ist es gelungen, eine Reihe „vergessener Orte“ wieder in das öffentliche Interesse zu rücken und auch wesentliche Impulse für nachfolgende Entwicklungen zu geben.
Wiedergewonnene Gärten an der Salzach verstärken die Attraktivität des Flussufers, binden diese Bereiche in das städtische Wegesystem ein. Der Landschaftsraum wird damit zum verbindenden Merkmal des Stadtgefüges.
Die umfangreichen Anlagen am Kloster Raitenhaslach sind mit der Gartenschau aus jahrzehntelanger Vernachlässigung befreit worden und sehen nunmehr einer behutsamen denkmalgerechten Umgestaltung entgegen. Auch die Sanierung des Hammerschmiedeweihers, einer historischen Mühlenanlage, ist ein weiterer Baustein des vernetzten Freiraumsystems.
Und nicht zuletzt ist mit dem Waldpark im Ortsteil Lindach ein Freizeitgelände völlig neu entstanden. Sportplätze, Spielanlagen und eine weitläufige Veranstaltungsfläche schaffen Synergien für vielfältigste Nutzungen. Der Übergang zur offenen Landschaft wird durch die Verbesserung der Wegeanbindung und die Inszenierung von Blickbeziehungen zum Thema gemacht.
Der Weg durch die Ausstellung ist gleichzeitig auch ein Weg durch die Stadt. Am Bahnhof oder Parkplatz ankommend, erreicht der Besucher zunächst den Stadtpark in der Neustadt, durchquert dann die langgestreckte Burganlage und hat dann, vom Berg hinabsteigend, am Ufer der Salzach ein unmittelbares Landschaftserlebnis.
STADTPARK – DER GRÜNE SALON
Der Stadtpark in der Neustadt von Burghausen ist der wichtigste Baustein der Gartenschau. Mitten im Zentrum des lebendigen Stadtteils wurde mit der Verlagerung des städtischen Bauhofes die Chance genutzt, einen urbanen Freiraum völlig neu zu entwickeln.
Um dieses Ziel erreichen zu können, waren langjährige Vorarbeiten nötig. Unter anderem wurden umfangreiche Abrissarbeiten vorgenommen, die äußere Verkehrserschließung des Geländes wurde teilweise erneuert. Mit dem Rückbau der Vollmerstraße wurde eine nicht mehr benötigte Verkehrsfläche der Natur zurückgegeben.
Die Einbeziehung des bisherigen Maiwiesen-Geländes ermöglichte letztendlich die Umsetzung eines großzügigen räumlichen Konzeptes, welches die vielfältigsten Funktionen integriert.
Um einen weitläufigen Wiesenraum entwickeln sich differenzierte Gartenbereiche, die in ihrem Charakter teilweise mit den benachbarten Siedlungsstrukturen korrespondieren und eine jeweils sehr eigenständige formale Ausprägung besitzen.
Der Haupteingang an der Marktler Straße, „Ankunftsort“ der Gartenschau, verknüpft die urbanen Bereiche des Bürgerplatzes mit dem neu entstandenen Park. Dabei wird das vor wenigen Jahren neu entstandene „Bürgerhaus“ als stadtkultureller Schwerpunkt Burghausens noch stärker in den Mittelpunkt gerückt.
Die Gartenschau machte es möglich, dass die an dieser Stelle das Gelände tangierende Bundesstraße für ein halbes Jahr „stillgelegt“ wurde. Die Fahrbahn wurde zum Platzraum ausschließlich dem Fußgänger gewidmet. Somit ist es auch gelungen, zumindest zeitweise von dieser Stelle aus über einen weitläufigen Grünzug auch die Wegeverbindung zur Burg herzustellen.
Direkt am Bürgerhaus öffnet sich das Entree zum Park. Der „Wasserplatz“ ist eine thematische Inszenierung der landschaftlichen Eigenart Burghausens. Auf einer Steinfläche an- und abschwellende Wasserstände symbolisieren den Lauf der Salzach, die Perioden von Trockenheit und Hochwasser. Holzdecks über der Wasserebene verstärken den atmosphärischen Eindruck, eine breit gelagerte Freitreppe ermöglicht nunmehr die Verknüpfung von Bürgerhaus und Parkanlage.
Schon unmittelbar nach dem Betreten des Parks bietet sich ein weiter Blick auf die Parkwiese. Das Gebäude des Lindenheims, mitten im Park gelegenes Fragment einer ehemaligen Bauernstelle, ist das letzte Zeugnis der früheren landwirtschaftlichen Nutzung. Ein kleiner bäuerlicher Garten nimmt mit typischen Stauden- und Obstgehölzpflanzungen dieses Thema auf.
Netzförmig angelegte Wege durchschneiden den Park und schaffen direkte Verbindungen zwischen dem Stadtzentrum und den angrenzenden Wohngebieten. Die Mehringer Straße, eine historische Verbindung in den Nachbarort, wurde im Bereich des Stadtparks vom Verkehr befreit und in eine großzügige Parkachse umgewandelt.
An der nordöstlichen Randzone erstrecken sich die „Gartenkabinette“. Geschnittene Hainbuchenhecken bilden regelmäßige Gartenräume, die sich zur Parkwiese hin öffnen. Die kleinteilige Struktur entwickelt sich in ihrem Charakter aus der unmittelbar benachbarten Gartensiedlung. In thematischer Abfolge werden hier Staudenpflanzungen vom trockenen bis zum üppigen Standort gezeigt. Ein durch die Anlage führender Kiesweg ermöglicht das unmittelbare Erlebnis der rhythmischen Folge, großformatige Steinplatten führen in jedes Pflanzquartier.
Der angrenzende „Nebelwald“ ist ein besonderer Raum, der in eigenständiger Weise Bezüge zu landschaftlichen Besonderheiten des Ortes herstellt. Mit einer hohen Steinmauer wird der Bereich von der Umgebung abgeschirmt, der dafür verwendete Nagelfluh ist ein Hinweis auf die traditionelle Baukultur der Stadt Burghausen, „Goldporen“ und „Salzlade“ symbolisieren den aus dem Salzhandel entstandenen Wohlstand der Stadt. Unter einem lichten Baumdach weht der Nebel, ein typisches Merkmal der Flusslandschaft an der Salzach.
Im nördlichen Bereich bietet das „Spielgebirge“ einen prägenden Raumeindruck. Die im ebenen Gelände zunächst fremd anmutenden „Mikro-Alpen“ stehen symbolisch für die Sehnsucht nach dem großen Gebirge und sind gleichzeitig auch ein Aktionsraum für alle Altersgruppen. Die aus Spritzbeton geformten Berge und Täler, teilweise mit einem Kunststoffbelag überzogen, sind jeweils thematisch orientiert. Wassertal und Kletterschlucht, Sandmulden und Bergrutsche bieten vielfältige Betätigungsmöglichkeiten. Ein Aussichtspunkt auf dem „Gipfel“, mehrere Meter über der Parkwiese, eröffnet einen weiten Blick über den Park.
Mit dem Kirschenhain im Nordwesten der Anlage werden die dahinterliegenden mehrgeschossigen Wohngebäude großzügig in den Parkraum eingebettet. Das weitgreifende Kronendach schafft einen halbschattigen Raum, bietet Abschirmung und Aufenthaltsqualität zugleich. Die darin eingefügten Staudenpflanzungen vermitteln nochmals differenzierte Pflanzencharaktere und schaffen ein angenehmes Umfeld für im Baumhain angeordnete Sitzgelegenheiten.
Auf dem früheren Bauhof-Gelände entstand die Festwiese als ein multifunktionaler Freiraum. Seine robuste Struktur bietet Platz für Maiwiese, Messen und andere Veranstaltungen. Bandartig gegliederte Flächen mit unterschiedlichen Belägen sind zur Parkwiese orientiert. Die offene Bauweise bietet Flexibilität in der alltäglichen Platznutzung, beim Aufstellen von Fahrgeschäften und Verkaufsständen. Unterirdisch angeordnete Versorgungspunkte minimieren den Aufwand für das Verlegen von temporären Erschließungsleitungen.
Die ehemalige Lagerhalle des Bauhofes wurde zu einer vielfach nutzbaren Messehalle umgebaut.
Ein Dach aus geschnittenen Platanen gliedert zusätzlich die großen Funktionsflächen und schafft eine angenehme Aufenthaltsqualität. Die linear zur Parkwiese orientierten Bäume stellen gleichzeitig die optische Verbindung zum offenen Gartenraum her.
Bereits zur Gartenschau ist die Festwiese der funktional wichtigste Bereich des Stadtparks. Hier befindet sich die zentrale Veranstaltungsfläche, die Messehalle nimmt für einen Sommer die Blumenschauen auf.
Den Weg von der Neustadt zur Burg findet der Besucher über eine neu konzipierte Grünverbindung, die erstmals an dieser Stelle auch eine Sichtbeziehung zwischen beiden Bereichen herstellt. Zwischen mehrgeschossigen Wohnbauten entstand ein langgestreckter Freiraum, der eine weite Perspektive bietet. Ausgedehnte Gräserpflanzungen und einige wenige Baumgruppen unterstützen das räumliche Konzept.
Die zum benachbarten Straßenraum notwendige Abschirmung wurde durch eine Spiegelwand geschaffen, in der der Besucher scheinbar sich selbst entgegengeht.
Während der Gartenschau befinden sich in den Randbereichen des Grünzuges die Themengärten der Garten- und Landschaftsbaubetriebe.
DIE BURG – OBSTGÄRTEN UND RITTERSPIELE
Auf der Burganlage (mit 1043 m die längste Burg Europas) wurde die Abfolge der verschiedenen Höfe thematisch in den Mittelpunkt gerückt, wobei der historische Kontext natürlich einen prägenden Einfluss ausgeübt hat.
Obwohl an einer wichtigen Verbindungsstelle zwischen den beiden Stadtteilen gelegen, war die Anlage bisher wenig in das städtische Alltagsleben integriert. Die Freilegung der Burghänge vorn Gehölzaufwuchs rückte die Burg jedoch bereits vor einigen Jahren stärker in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
Die Anlage war schon immer eine Wohnburg, geprägt durch Zier- und Nutzgärten. In den letzen Jahrzehnten ist ein großer Teil davon verloren gegangen, andere Bereiche sind durch untypische Pflanzungen und ortsfremde Materialien beeinträchtigt worden. Somit bestand das Ziel, einen Teil dieser Entwicklungen zu korrigieren und der Burg ihren authentischen Charakter wiederzugeben.
Einige wenige Schwerpunkte wurden mit dauerhaften Pflanzungen gesetzt, ein weiterer Flächenanteil ist den Ausstellungsbeiträgen vorbehalten. Alle Anlagen wurden in enger Abstimmung mit der Bayrischen Schlösserverwaltung konzipiert und umgesetzt. Die funktionalen und thematischen Anforderungen einer Landesgartenschau führen dabei zu – zumindest temporären – Einschränkungen im bisher gewohnten Alltag auf der Burg.
Die übergreifende Idee der „Geborgten Landschaft“ inszeniert die hervorgehobene Lage der Burg auf dem langgezogenen Felssporn. Verschiedene Aussichtspunkte entlang der Wehrmauern bieten einen weiten Blick in das Salzachtal. Der optische Raum wird somit vergrößert und vermittelt dem Besucher die enge Verknüpfung zwischen Mensch und Natur.
Eine Pflanzung historischer Obstsorten wurde im Vicedomgarten realisiert. Dabei konnte ein bisher nur bildlich belegtes Wegekreuz mit einer fragmentarisch erhaltenen Brunnenanlage wiedergewonnen werden. Die Anlage in der historisch überlieferten der Quincunx-Struktur verdeutlicht die authentische Ausformung der Anlage.
Der Garten am Aventinhaus ist dem Geschichtsschreiber und Erzieher der bayerischen Prinzen Ludwig und Ernst (Aventinus, 16.Jh.) gewidmet. Geschnittene Eibenhecken, ein klassisches Element von Gärten dieser Epoche, stehen als Sinnbild für Erziehung und Ordnung. Inmitten einer Pflanzung aus verschiedenen Lilien- und Rosensorten führen schmale Wege durch den Garten. Die Metalltafel am Zielpunkt der Wege zeigt ein bekanntes Zitat des Gelehrten.
Im Burggraben vor der Hauptburg öffnet sich die Welt der kleinen Ritter. Verschiedene „Hüpf-Burgen“, gestaltet als Ritterhelm, Schild und Thron, stehen in einem Meer aus goldenen Kugeln. Eine steile Wendelrutsche führt in den tieferen Bereich, ein hölzerner Treppenturm wieder hinauf. Die Spielanlagen sind mit Rücksicht auf die Anforderungen des Denkmalschutzes als temporäre Einbauten konzipiert, die nach der Gartenschau an andere Standorte umgesetzt werden können.
Erstmals nach einer langen Zeit des Dornröschenschlafes wird ein großer Teil der Zwingeranlagen am Kopf der Hauptburg öffentlich zugänglich gemacht. Durch die verschiedenen Abschnitte führt ein mit einfachsten Mitteln angelegter Rundweg. Am Auftakt des Weges zeigt ein kleiner Garten verschiedene Arten der Schwertlilie, eine Pflanze, die in der Mythologie für Königtum und Heldenmut steht.
Von dieser Stelle aus gelangt man auch über einen wieder geöffneten Zugang hinunter zum Wöhrsee, einer ehemaligen Flussschleife der Salzach.
Schon jetzt ist erkennbar, dass die Aktivitäten der Landesgartenschau die Burg wieder stärker in das städtische Leben integrieren. Parallel zu den Arbeiten im Freiraum hat die Staatliche Schlösserverwaltung umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an verschiedenen Gebäuden durchgeführt. Die Eröffnung des neuen Burgcafés war dabei das erste Zeichen für einen beginnenden Wandlungsprozess.
Mit der Landesgartenschau ist erstmals ein vernetztes städtisches Freiraumsystem entstanden. Der Stadtpark wird zum identitätsstiftenden Merkmal für die ganz Burghausen. Neue Wegeverbindungen und Blickbeziehungen ermöglichen ein bisher nie gekanntes Stadterlebnis. Somit leisten die Aktivitäten der Gartenschau einen entscheidenden Beitrag zur langfristigen Stadtentwicklung und Imageprägung.
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Planungsbüros
Rehwaldt Landschaftsarchitekten
Dresden
Mitarbeiter
Heike Langkutsch (Projektleitung)
Angela, Aurin, Andres Friederici, Tilman Gebhardt, Michael Mitterer, Robert Storch
Projektzeitraum
2000
- 2004
Größe
22,4 ha
Auftraggeber
Bayerische Landesgartenschau Burghausen 2004 GmbH
Adresse
Burghausen
Deutschland
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Projekttyp
Parkanlagen und Grünflächen
Gartenschauen
Plätze, Promenaden, Fußgängerzonen
Verkehrsanlagen
Spielplätze, u.a. an Kitas und Schulen
Gartendenkmalpflegerische Zielplanung, Parkpflegewerke
Sanierung von (historischen) Freianlagen