Bauerngarten Winseler / Luxemburg Gestaltung und Öffentlichkeitsarbeit

Pflanzenverwendung

Der Schwerpunkt der Pflanzenverwendung wurde auf die Blütenstauden gelegt, die stets in enger Beziehung zum Bauerngarten standen und z.B. auch als häuslicher oder sakraler Schmuck eingesetzt wurden. Da aber auch die Synthese von Zierde und Nutzen im Bauerngarten eine Rolle spielte, wurden besonders bei den Kletterpflanzen auch Gemüse z.B. die Feuerbohne verwendet. Bei der Auswahl der Stauden standen alte Arten und Sorten im Vordergrund. Mit ihrer Verwendung soll neben ihrer besonderen Bedeutung für die Biodiversität und die genetischen Ressourcen auf die kulturelle Leistung in Form von Selektion und Züchtung verwiesen werden, da viele alte Züchtungen im Laufe der Jahre durch Neu- und Hybridzüchtungen verdrängt wurden. Von den etwa 370 Züchtungen von Karl Foerster z.B. sind heute etwa nur noch ein Drittel im Handel. Die Verdeutlichung der Herkunft der Pflanzen war ein besonderes didaktisches Anliegen der Gestaltung. Deshalb wird jedes Feld mit einer Pflanzenauswahl aus einer speziellen Großregion bepflanzt. Der Rundgang beginnt mit süd- und osteuropäischen Pflanzen aus der frühesten Phase der anthropogenen Pflanzenverbreitung und endet bei den Bauerngartenpflanzen aus Nordamerika und Asien. Trotz der thematisch motivierten Verteilung der Bepflanzung wurde Wert auf eine attraktive Verteilung (Höhenstaffelung, Farbbenachbarung und Blütenschwerpunkte während der gesamten Festivalzeit) auf der Fläche geachtet werden und die Ansprüche der Stauden (Lebensbereiche Beet und Freiflächen sowie Konkurrenzverhalten) berücksichtigt.

Gestaltungsidee

Die umzugestaltende Fläche wurde erst vor wenigen Jahren mit einer neuen Gestaltung versehen. Aus ökonomischen Gründen wurde diese im den Grundzügen (Wegeführung und Sitzplatz) beizubehalten. Lediglich die Bepflanzung und das flankierende interaktive Konzept wurden im Sinne des bestehenden Lehrgartens zum Thema Bauerngärten fortgeführt. Die Gestaltungsidee zielt allerdings darauf ab, keinen Bauerngarten nachzubilden, sondern eine zeitgenössische Interpretation der Gestaltungsprinzipien umzusetzen. Der Bauerngarten ist stark durch die Beziehung von Mensch und Pflanze geprägt. Deshalb gibt es vielleicht den typischen Bauerngarten nur als stereotype Vorstellung, die gern in z.B. Gartenzeitschriften kolportiert wird. Ein formales Grundmuster, das häufig durch eine Vierteilung geprägt ist, scheint aber ein grundlegendes und aus Aspekten der Bewirtschaftung resultierendes Gestaltungselement zu sein. Die Zahl vier symbolisiert die innere Harmonie der Natur mit den vier Elementen und den vier Jahreszeiten sowie andererseits die vier Evangelien und das Kreuz. Die Einteilung des Bereiches in ein Vielfaches des Gevierts wurde mit der bestehenden Grundstruktur überlagert. Daraus ergibt sich eine neue Formensprache, ein Interferenz-Muster, das historische Prinzipien in sich trägt. Vom Raster her nimmt es Bezug zum Kreuzbeet der bestehenden Gestaltung und gliedert sich so trotz der eigenständigen Formensprache harmonisch in den gesamten Garten ein, da er markante Linien aufnimmt und fortführt. Die einzelnen Felder werden mit unterschiedlich gestalteten und verschieden hohen Weidenflechtzäunen umgrenzt, so dass sich insgesamt eine eher skulpturale Einteilung der Fläche ergibt, die auch im Winter ihren Reiz hat. Flechtzäume spielen in Bauerngärten je nach Verfügbarkeit des Materials eine wichtige Rolle zur Einfriedung. Dieses Prinzip wurde aufgrund der vorhandenen, den Bachlauf begleitenden Kopfweiden aufgegriffen und zeitgenössisch inspiriert umgesetzt. Kleine einfache Wege mit Eichenrinden-Häcksel erleichtern das Bewirtschaften der Fläche. Einer dieser Wege stellt eine, wenn auch nur optische Beziehung, zum benachbarten Hof auf und verweist darauf, dass der Bauergarten immer in unmittelbarer Nähe zum Gutshaus stand. Die Fläche wird mit Kletterpflanzen-Halterungen in vier der Beete vertikal gegliedert. Dazu werden Eichenstangen aus den benachbarten Louhecken senkrecht in den Boden eingebracht. Damit wird, wenn auch untergeordnet, ein thematischer Verweis auf die lokale Bedeutung der Louhecken-Wirtschaft hergestellt.

Interaktion

Das Vorhaben macht sich dabei in einer spielerischen und interaktiven Weise den Sammeltrieb des Menschen zu eigen, den z.B. auch Karl Foerster im letzten Jahrhundert beschrieb, und der heute noch in einigen Kreisen keine Aktualität eingebüßt hat: "Ein Gärtner reist nicht ohne Notizbuch und sauberes Taschentuch. Das Notizbuch zum Aufschreiben, und das Taschentuch zum sanften herab fallen lassen auf eine wunderschöne Pflanze, von der man mit gutem Gewissen entweder ein oder zwei Samenkörner oder einen kleinen Steckling mitnimmt. Aber man stiehlt niemals die ganze Pflanze. Das ist unfein." Diese Verbreitung im Kleinen durch die Besucher des Festivals „Die Reise der Pflanzen 2007“ wurde zum Sinnbild für die großen Pflanzenexporte der Geschichte. Mönche tauschten schon seit dem frühen Mittelalter Samen, Pflanzen und Präparate aus und förderten so die Verbreitung bestimmter Arten. Zum Teil wurden Pflanzen bewusst in andere Kulturkreise verbracht. Prominente Beispiele sind Nutzpflanzen wie die Kartoffel oder die Tomate, die im 16. Jahrhundert mit der Entdeckung Amerikas nach Europa kamen. Die botanischen Sammlungen zum Beginn des letzten Jahrhunderts sind ein Beispiel für die Umsiedelung von Zierpflanzen in andere Regionen. „Die Globalisierung der Gartenpflanzen begann schon vor mindestens 500 Jahren.“

Bürgerschaftliches Engagement und Einbindung der Öffentlichkeit

Die Beeteinfassungen aus Weiden und die vertikalen Rankelemente wurden im Rahmen eines öffentlichen Workshops unter Leitung der Landschaftsarchitekten und eines lokalen Qualifizierungsträgers für berufliche Eingliederung und soziale Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen erstellt. Im Rahmen des Workshops konnten Menschen mit Behinderungen gemeinsam mit interessierten Bürgern an der Gestaltung des Bauerngartens mitwirken und parktische Kenntnisse im Umgang mit der historischen Bauweise erlangen.

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  1. Pflanzenverwendung
  2. Gestaltungsidee
  3. Interaktion
  4. Bürgerschaftliches Engagement und Einbindung der Öffentlichkeit