Sächsisches Rehazentrum für Blinde und Sehbehinderte Chemnitz

Schulhöfe und Spielplätze barrierefrei

Der über 100 Jahre alte Campus des Sächsischen Rehabilitationszentrums für Blinde und Sehbehinderte in Chemnitz erfuhr ab 2003 eine umfangreiche Sanierung. Dabei wurden in das parkartige Gelände mit dem historischen Wegenetz Flächen zum Spielen, Bewegen und Lernen integriert. Gleich einer Insel entstand inmitten des denkmalgeschützten Umfeldes ein „Fühl- und Hörspielpatz“, bei dem eine bunte objekthafte Spielumwelt mit vielfältigen Bewegungs- und Experimentierfunktionen gestaltet wurde. Im Vordergrund stand die Idee, die Spielumwelt von Kindern als Bildungsfeld zu betrachten. So gesehen, bildet ein Kind grundlegende Fähigkeiten aus, während es im Spiel interagiert, haptische oder visuelle Reize erfährt, zur Bewegung oder zur Problemlösung angeregt wird. Bei sehschwachen und oft zusätzlich motorisch eingeschränkten Kindern spielt die Interaktion, also das Senden und reagieren auf Reize und Anregungen, eine besonders wichtige Rolle. Es war daher wichtig, einerseits einen geschützten, andererseits einen möglichst „reizvollen“ und „anregenden“ Spiel- und Bewegungsraum zu schaffen. Entsprechend entstand ein, durch einen „eingeheckten“ Zaun abgegrenzter, jedoch frei zugänglicher Spielraum mit einem durchaus experimentellen Konzept. Die mit weichem, knallblauen EPDM - Kunststoffgranulat belegte Fläche des Fühl- und Hörspielplatzes wurde durch die „Blase“ in die dritte Dimension erweitert. Die „Blase“, ein 1,80 Meter hoher Hügel, ist auch für bewegungseingeschränkte Kinder und Rollstuhlfahrer gut erklimmbar und zeigt sich als sehr beliebte schwungvolle, aber nicht zu steile „Abfahrt“. Von oben lässt sich aus dem Spielbereich herausschauen und die Parkumgebung wahrnehmen. Daneben wurde eine 2,50 Meter lange „Rutschenmulde“ aus geschliffenem Betonwerkstein ausgebildet. Eine um den ganzen Spielbereich umlaufende Kante mit 3-cm-Anschlag stellt die taktile Außengrenze dar. Ebenso markant wie der blaue Untergrund ist der Stangenwald mit den „Fühl- und Hörteilchen“. Im Greifabstand von ca. 0,8 – 1,3 Meter sind 2,90 Meter hohe Edelstahlstangen um eine Kernfläche angeordnet. An den Stangen sind verschieden geformte farbige „Fühl-Teilchen“ aus Holz aufgefädelt. Die Teilchen besitzen eingefräste Rillen oder Löcher und lassen sich in der Art eines „Drehpuzzles“ schieben und drehen. Bei einer bestimmten Ausrichtung können sich die Finger der Kinderhand in entsprechende Fingermulden legen. Durch das Erfühlen und Ertasten der nächstgelegenen Stangen und Teilchen wird der Raum nicht nur visuell wahrgenommen, sondern auch erfühlt. Zu den „Hörteilchen“ zählen unterirdisch verbundene Rohre mit Hör- und Sprechtrichtern, die die Interaktion zwischen den Kindern anregen. Andere „Hörteilchen“ sind bewegliche Holzelemente und erzeugen beim Drehen und Schieben Töne, wie Rasseln, Glockenklang oder Ratschen. Zwischen den Stangen eingehängte Sitzmatten laden zum Schaukeln und Entspannen ein. Nach nunmehr dreizehn Jahre seit der Fertigstellung kann ein Resümee gewagt werden. Wir haben festgestellt, dass wir am meisten über Spielplätze lernen, wenn wir uns die Zeit nehmen, beim Spielen zuzuschauen. Es sind nicht die Größe des Ortes und nicht die Anzahl von Gerätschaften, die den Ausschlag geben, ob und wie gespielt wird. Ausschlaggebend ist eher das Angebot an Möglichkeitsräumen, die es zu erforschen, zu testen und in Besitz zu nehmen gibt. Bezogen auf den „Fühl- und Hörspielplatz“ lässt sich feststellen, dass vor allem das blaue, weiche, bewegte Terrain mit der „Blase“ und der Rutsche ein Highlight für die Kinder ist, die sich im Alltag in barrierearmen, ebenen Umgebungen bewegen. Der Stangenwald stellt eine noch größere Herausforderung dar. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die glänzenden Edelstahloberflächen der Stangen visuell eher schlecht wahrgenommen werden. Matte, farblich zur hellen Umgebung kontrastierende Oberflächen wären günstiger gewesen. Während die Hörrohre sich gut zu zweien erkunden lassen, ist das Konzept des Drehpuzzles eher für das einzelne Spiel ausgelegt. Hier würden Ergänzungen an den Teilchen und eine leichtere „Bedienbarkeit“ der Drehelemente das Interagieren noch besser fördern können.

Spielplatz für Blinde und Seheingeschränkte © 2012 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

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Kontrastreiche Oberflächen für den Goalballplatz © 2010 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

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Schule für Seheingeschränkte mit Mehrfachbehinderungen - Pausenterrasse © 2011 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

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Barrierefreier Spielbereich © 2012 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

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Spielplatz für Blinde und Seheingeschränkte © 2012 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Kontrastreiche Oberflächen für den Goalballplatz © 2010 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Schule für Seheingeschränkte mit Mehrfachbehinderungen - Pausenterrasse © 2011 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Barrierefreier Spielbereich © 2012 Rehwaldt Landschaftsarchitekten

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